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Dr. jur. Arnold von Bosse:
Die Umweltprüfung

Dr. jur. Arnold v. Bosse, Stralsund

Seminarleiter beim Studieninstitut für kommunale Verwaltung in Mecklenburg (Juni 2005)

Die Umweltprüfung für Bauleitpläne

Aufgrund der Plan-UP-Richtlinie[1] der EU musste das Instrument der Umweltprüfung bis zum 21.7.2004 in nationales Recht umgesetzt worden sein; dies ist mit dem EAG Bau v. 24.6.2004 durch Inkraftsetzen am 20.7.2004 geschehen[2]. Die Umweltprüfung für Pläne (Plan-UP) ist mit der Projekt-Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gem. dem UVPG[3] nahezu deckungsgleich, unterscheidet sich jedoch in der Prüfungstiefe, die aufgrund der hochstufigen Planungen hinter dem Konkretisierungsgrad der UVP zurückbleibt. Die Plan-UP ist wie die UVP ein reines Verfahrensinstrument, das Entscheidungen im Rahmen von Abwägungen gründlicher und formal abgesicherter als bisher vorbereiten soll. Es werden jedoch keine Vorgaben darüber gemacht, wie das UP-Ergebnis in der Abwägung tatsächlich zu berücksichtigen ist[4].

1. Die Grundstruktur
Die planungsrechtlichen Verfahrensschritte sollen auf hohem Umweltschutzniveau vereinheitlicht und gestärkt werden und dadurch die Prüfung der erheblichen Umweltauswirkungen verbessert werden[5]. Im zu erstellenden Umweltbericht, dem zentrale Bedeutung zukommt, sind die voraussichtlich erheblichen Auswirkungen eines Programms oder Plans (im folgenden nur noch: B-Plan) auf die Umwelt zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten (Art. 5 Plan-UP-RL, § 2 a BauGB 2004)[6].
Die Plan-UP ist als Trägerverfahren für die Eingriffsregelung und alle weiteren umweltbezogenen Belange und Prüfverfahren (vgl. § 1 (6) BauGB) in der Bauleitplanung ausgestaltet worden, um im Sinne von Harmonisierung und Vereinfachung Doppelprüfungen zu vermeiden.
Die Plan-UP findet grundsätzlich für alle B-Pläne (und F-Pläne) statt, § 2 (4) BauGB 2004[7]. Das sog. screening (Einzelfallprüfung darüber, ob die UP-Pflichtigkeit besteht) fällt also fort. Allerdings ist zu prüfen, ob eine Plan-UP nicht durchzuführen ist, wei die Bedingungen eines vereinfachten Verfahrens gem. § 13 BauGB gegeben sind (Voraussetzung ist u.a., dass keine Besorgnis der erheblichen Beeinträchtigungen vorliegt, z.B. bei einem bestandssichernden B-Plan). Hier bleibt abzuwarten, ob dieses Verfahren zukünftig möglicherweise zu häufig angewandt wird, um die Umweltprüfung im Wege der Umgehung zu vermeiden[8].

2. Die einzelnen Optimierungsmöglichkeiten
Die Plan-UP kann z.B. die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung optimieren und sich positiv auf die Belange von Natur und Landschaft auswirken, weil auf allen Ebenen der Entscheidungsvorbereitung mit dem Umweltbericht schon früh umfassende Entscheidungsgrundlagen verfügbar sein sollen[9]. Der Umweltbericht ist dem zufolge gem. Art. 8 Plan-UP-RL (§ 2 (4) BauGB) als Abwägungsmaterial in die Abwägung einzustellen.

Zur Optimierung trägt auch bei, dass ein Begründungserfordernis (im Umweltbericht) und eine Bekanntmachungspflicht bestehen, Art. 9 Plan-UP-RL, §§ 2 a ff. BauGB 2004. Die Öffentlichkeits- und Behörden- sowie TöB-Beteiligung findet zweistufig statt, d.h. nun ist gesetzlich eine frühe Beteiligung vorgesehen, die mit der Feststellung des Umfanges und des Detaillierungsgrades verbunden ist (Scoping), §§ 2 (4), 3 (1), § 4 BauGB.

Die Bestandsaufnahme der Belange von Natur und Landschaft ist im Rahmen der Eingriffsregelung gründlich durchzuführen, da aufgrund einer im neuen BauGB vorgegebenen „Anlage" (zu § 2 (4) und § 2 a) zum Inhalt des Umweltberichts[10] ein Verfahren zur Bestandsaufnahme und Prognose der Umweltauswirkungen aufgezeigt wird. Der Prüfungsumfang unterscheidet sich im Einzelfall in räumlicher und sachlicher Hinsicht wesentlich, je nachdem welche qualitativen Merkmale die Natur im einzelnen aufweist. Je qualitativ hochwertiger die Natur im einzelnen ist, desto intensivere Untersuchungen sind notwendig[11]. Die Bestandsaunahme erhält somit eine höhere Qualitätssicherung[12].

Es ist gemäß Ziff. 2 d) der o.g. Anlage eine Alternativenprüfung durchzuführen, die die Eingriffsregelung – so ließe sich argumentieren - so bisher nicht leisten musste bzw. nicht in der Praxis geleistet hat[13]. Ob die Alternativenprüfung wirklich ein neues Element darstellt, ist allerdings streitig[14].

Je höherwertiger der vorhandene Zustand von Natur und Landschaft ist, um so eher greift das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot und umso größere und qualitativ hochwertigere Kompensationsmaßnahmen sind anzustreben[15]; vgl. auch die o.g. Anlage zum Umweltbericht. Die Anlage enthält Regelungen zu Prüfungsumfang und Prüfungstiefe für die Zusammenstellung des umweltbezogenen Abwägungsmaterials. Damit werden europaweit einheitliche Standards hinsichtlich Verfahren und Inhalt einer integrierten Umweltprüfung vorgegeben[16].

Durch die Plan-UP werden grundsätzlich keine neuen (materiellen) Anforderungen gestellt. Durch die Stärkung des Verfahrens und die Vorgabe von Standards wird jedoch erreicht, dass bisherige Vollzugsdefizite verringert werden können.

Ob jedoch so weit gegangen werden kann, allgemein festzustellen, dass die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens die materielle Richtigkeit eines B-Planes indiziert[17], bedarf weiterer, hier nicht zu führender Darlegungen und Untersuchungen.

3. Monitoring und Resümee
Hinzu kommt, dass ein Monitoring durch die Gemeinden durchzuführen ist, Art. 10 Plan-UP-RL (§ 4 c BauGB 2004)[18]. Die instrumentelle Zielrichtung hierfür liegt in der Selbstkontrolle der Kommunen.

Hier bleibt abzuwarten, ob dieses Instrument zur Erhöhung der Wirksamkeit der Belange von Natur und Landschaft beiträgt. Denn Zweifel sind angebracht, weil es keine rechtliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Ergebnisse gibt. Zudem ist rechtlich streitig, ob dieses Instrument bezweckt, eine Vollzugs-Kontrolle der Umsetzung der im B-Plan festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen[19]. Auch fehlt es an Vorgaben über das „wie" des Monitoring. Damit mangelt es zum einen an der Vergleichbarkeit der Zielerreichung und zum anderen an der ausreichenden Vorgabe, die Verpflichtung, „geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen" (Art. 10 (1) Plan-UP-RL) zu erfüllen[20].

Als positiv ist allerdings der Umstand zu bewerten, dass die Maßnahmen zur Durchführung des Monitoring im Umweltbericht, der Teil der Begründung zum B-Plan wird, beschrieben werden müssen. Da der B-Plan öffentlich einsehbar ist, können außenstehende interessierte Bürger oder Verbände später die Ergebnisse des Monitoring zum Gegenstand der öffentlich oder nicht öffentlich geführten kritischen Nachfrage machen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, dass die Naturschutzverbände auch im formellen Verfahren dadurch verstärkt in das Monitoring eingebunden werden, dass das bereits bestehende Kontroll-Instrument der Umweltbeobachtung genutzt wird[21].

Insgesamt ist zu resümieren, dass Befürchtungen, die Umweltprüfung werde als ein weiteres Instrument die Prüfung der Umweltbelange in der Bauleitplanung noch erheblich komplexer machen, sich mit dem vorliegenden Entwurf zur Novellierung des BauGB zunächst nicht bestätigen. Dies hat tendenziell auch eine zur Vorbereitung des EAG Bau in prospektiver und retrospektiver Hinsicht durchgeführte rechtstatsächliche Untersuchung bei 141 Kommunen im gesamten Bundesgebiet gezeigt[22].

Die Expertenkommission und der Gesetzgeber haben sich sichtlich Mühe gegeben, Doppelprüfungen durch das Trägerverfahren zu vermeiden und Abschichtungsmöglichkeiten zu offerieren.

Anmerkungen:

  1. Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme v. 27.6.2001
  2. BGBl. 2004, Teil I, Nr. 31, 1359 ff.
  3. Siehe hierzu näher: Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung – Verträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtliche Eingriffsregelung – Umweltprüfung, NuR, 2003, 647 ff.
  4. Bruns, Kahl, Perspektiven der Strategischen Umweltprüfung, Naturschutz und Landschaftsplanung, 2000, 309, 311
  5. Bundesminist. für Verkehr, Bau- und Wohnungsw., Entwurf zum EAG Bau, 3.6. 2003, A. 1
  6. In den Umweltbericht sind die auf den Einzelfall bezogenen Umweltschutzziele aufzunehmen; zur Definition solcher Ziele siehe näher: Sommer, et al., Umsetzung der SUP-RL 2001/42/EG Machbarkeitsstudie für ein Behördenhandbuch „Umweltschutzziele in Deutschland", 2002, 9, 52 f..
  7. Vgl. auch Bundesminist. für Verkehr, Bau und Wohnungsw., Entwurf..., aa0., A. 3
  8. Skeptisch sind diesbezüglich auch Pietzcker, Fiedler, Gutachten zum Umsetzungsbedarf der Plan-UP-RL der EG im Baugesetzbuch, 2002, 67, 81 
  9. Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung..., aaO., 653
  10. Anlage zu § 2 (4) und § 2 a BauGB 2004, eingefügt nach § 247 BauGB
  11. Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung..., aaO., 651
  12. Bruns, Kahl, Perspektiven..., aaO., 312
  13. Kahl, Hoppenstedt, BDLA, Novellierung des Baugesetzbuchs, Naturschutz und Landschaftsplanung, , 2003, 90, siehe auch DIFU, et al., Planspiel BauGB 2004, Bericht..., aaO., 32 
  14. Ablehnend: Bunzel, Umweltprüfung in der Bauleitplanung, Arbeitshilfe, Difu, 2005, 120 ff., siehe auch näher: Schrödter et al., Umweltbericht in der Bauleitplaung, Arbeitshilfe des Niedersächsischen Städtetages, 2004, 16 f.; die Autoren sehen die Pflicht zur Alternativenprüfung insbesondere dann, wenn im F-Plan noch keine Alterantiven geprüft wurden. 
  15. Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung..., aaO., 653
  16. Bundesminist. für Verkehr, Bau und Wohnungsw., Entwurf..., aaO., A.6
  17. Bundesminst. für Verkehr, Bau und Wohnungsw., Entwurf, A.4
  18. Siehe näher Dolde, Umweltprüfung in der Bauleitplanung – Novellierung des Baugesetzbuchs, NVwZ, 2003, 297, 300
  19. Verneinend: Bundesminist. für Verkehr, Bau und Wohnungsw., Entwurf..., aaO., B.29; wohl bejahend: Schrödter et al., aaO., 61
  20. Stollmann, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, NuR, 2003, 586, 592
  21. Vgl. Roder, Redebeitrag in: Evers, Die strategische Umweltprüfung (sog. Plan UVP) als neues Instrument des Umweltrechts, NuR, 2003, 535, 536; diesbezüglich ist auch hinzuweisen auf die „Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen des Landes M-V zur Förderung der ökologischen Umweltbeobachtung durch Vereine und Verbände", Umweltminist. M-V, Amtsblatt M-V, 2001, 1154.
  22. Rist, et al., Bundesminist. für Verkehr, Bau und Wohnungsw., Rechtstatsachenuntersuchung zu den Erfahrungen mit der Durchführung der UVP in der Praxis der Bauleitplanung, 2003, 47; der mit 27 Fragen versehene Erhebungsbogen stellte z.B. folgende Fragen: In welcher Weise waren Ihre B-Pläne seit 2001 von den UVP-Vorschriften betroffen? Wie oft hatten die weitergehenderen Untersuchungen Änderungen der ursprünglichen Planungskonzeption bzw. sogar die Aufgabe der Planungsabsicht zur Folge? Wenn es zu einem zeitlichen oder finanziellen Mehraufwand kam: Was waren die Gründe? Sind die Schwellenwerte für den Prüfwert bzw. Vorprüfwert hinsichtlich der Umweltrelevanz der B-Pläne sachgerecht gewählt?
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