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Dr. jur. Arnold von Bosse:
Aufbau Ost

Veröffentlichungshinweis: In der "Alternativen Kommunalpolitik" (AKP) sind meine folgenden Fachaufsätze zu finden: "Schulden, Schieflagen, Stadtmanagement" (Schlagworte: Verschuldung ostdeutscher Kommunen, Steuerstruktur, Haushaltssicherungs-Konzept, verschleuderte Privatisierungserlöse, Stadt-Umland, Beispiel Stralsund) in AKP 1/2009, S. 43, "Wachstum und Schrumpfung - Chancen für Ostdeutschland" (Schlagwörter: Wachstumskritik, Sonderbedingungen in schwachen Regionen, Wachstum nur für den ökologischen Strukturwandel, selektive Schrumpfung) in AKP, 3/2008, S. 43 ff. und "Transfer-Leistungen an Ost-Kommunen" in AKP, 2/2008, S. 60 ff. (siehe unten die Kurzfassung)

Aufbau Ost – Verschwendung oder sinnvoll?

- Bremer Adelsvereinigung informierte sich über Transferleistungen an Ost-Kommunen -

Vortrag von Dr. Arnold v. Bosse (Kurzfassung)

Waren die Milliarden, die der Solidarpakt gekostet hat, sinnvoll eingesetzt oder teilweise verschwendet? Letztere Auffassung hatten offensichtlich einige Mitglieder der „Vereinigung des Adels zu Bremen und Oldenburg“, als sie am vergangnen Freitag zu einer kulturellen Tour nach Vorpommern aufbrachen und in Stralsund Station machten. Dr. Arnold von Bosse, der seit 1991 in der Stadtverwaltung arbeitet, gelang es jedoch in seinem Vortrag zu „Trans­fer­leistungen an Ost-Kommunen“, die Vorurteile abzubauen.

Im Konferenzsaal des Rathauses erläuterte v. Bosse am 14.9.07 vor 40 Zuhörern, dass das Hauptproblem nicht in zu hohen Leistungen des Westens an Ostdeutschland besteht, sondern in der nur ca. 60%igen Wirtschafts- und Steuerkraft der Ost-Kommunen im Vergleich zu finanzschwachen Westkommunen. Die Solidarpaktmittel, die ab 2008 bis 2019 nach und nach auf Null abgeschmolzen werden, sind vor allem zum Ausgleich der schwachen kommunalen Finanzkraft und zum Schließen der Infrastrukturlücke sowie für Wirtschaftsförderung vorge­sehen.

Auf letztere Zielrichtung muss nach Auffassung des Referenten in Zukunft mehr Gewicht gelegt werden. Denn die angebliche Infrastrukturlücke ist so weit geschlossen, dass die verbliebenen Schwächen kein Nachteil mehr für die Ansiedlung von Unternehmen darstellen. Nach Auffassung des Ifo-Institutes in Dresden muss die Wirtschaftsförderung aber verstärkt in die Innovations- und Bildungsförderung gehen.
Bosse ging auch auf die Kritik ein, dass Geld im Osten verschwendet werde: Unnötige Prestige-Projeke gebe es auch im Westen, das sei nicht ost-spezifisch. Zu hohe Ausgaben seien aber vor allem in den Personalausgaben von kleinen Gemeinden zu verorten, während Stralsunds Stadtverwaltung z.B. vorbildhaft die Personalausgaben so weit gesenkt hat, dass die heutigen 777 Mitarbeiter bereits unter dem Niveau von gleich großen finanzschwachen West-Kommunen liegen.

Durch die Zuhörer nach den Gründen für die schwache Wirtschaftskraft der Ost-Kommunen befragt, verwies Dr. v. Bosse auf diverse Fehlentwicklungen nach 1990, die oft als „westver­ursacht“ angesehen werden mussten. Hier seien z.B. Verwaltungsfehlstrukturen und Ausplün­derungen von Ostbetrieben durch Westkonzerne zu nennen. Letztere haben ja bekanntlich meist ihre Zentralen im Westen. Aber es gebe auch Lichtblicke, wie z.B. das erst seit einem Jahr bestehende hohe Wachstum des verarbeitenden Gewerbes und das doppelt so starke Wachstum der Ost-Industrie im Vergleich zum Westen.
Schließlich erläuterte v. Bosse noch, dass die Abwanderung aus M-V das Wirtschafts­wachstum behindere. Öffentliche Gelder werden für die Umstrukturierung der Infrastruktur benötigt. Sinkende Einwohnerzahlen bedeuten daher paradoxerweise steigende Pro-Kopf-Ausgaben (sog. Remanenzeffekte).
Die Adelsvereinigung war am Schluss überzeugt, dass die Ost-Transfers gut angelegt sind und äußerte sich bei einem abschließenden Gang auf den Alten Markt begeistert über die Schönheit dieses Platzes.

(Abgedruckt im Stralsunder Sundecho, 23.9.07)

Copyright © 2006 Dr. jur. Arnold v. Bosse, Heilgeistkloster 15, 18439 Stralsund
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