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Dr. jur. Arnold von Bosse:
Schuldrechtsanpassung

Der Rat vom Rechtsanwalt (Febr. 2013)

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(erschienen am 14.2.2013 in der „Zeitung am Strelasund“)

Was müssen Datschen-Besitzer in Ostdeutschland in den nächsten Jahren beachten (Wochenendhäuser auf fremdem Boden)?

Zum 3.10.2015 läuft der Kündigungsschutz für Datschen-Grundstücke nach dem Schuldrechtsanpassungs-Gesetz (SchuldRAnpG) aus. Welche Voraussetzungen und Rechtsfolgen knüpfen sich daran, z.B. im Hinblick auf die Gründe für eine Kündigung, die Abrisskosten und die Entschädigungspflicht? (siehe unten 1. bis 6.) und welche Empfehlungen können für die Zukunft gegeben werden? (siehe 7. und 8.)

  1. Voraussetzungen der vereinfachten Kündigung ab 4.10.2015 (Ablauf der „Kündigungsschutzfrist“): Der Nutzungsvertrag kann dann vom Grundstückseigentümer nach den Vorschriften des BGB für Mietverträge (in der Regel mit Wirkung 31.12.2015) ohne besondere Gründe gekündigt werden. Bei vorwiegend Obst- und Gemüseanbau regelt sich dies nach dem Pachtrecht im BGB.

    Bis 3.10.2015 ist eine Kündigung durch den Schutz des SchuldRAnpG nur sehr eingeschränkt möglich: Wenn z.B. Eigenbedarf  seitens des Grundstückseigentümers angemeldet wird oder der Nutzer das Nutzungsentgelt nicht zahlt.
  2. Mit dem 4.10.2015 beginnt aber eine 7-jährige „Investitionsschutzfrist“ für den Nutzer: Seine Datsche muss ihm zum Zeitwert entschädigt werden, wenn der Grundstückseigentümer gekündigt hat (§ 12 Abs. 2 SchuldRAnpG). Auch muss der Grundstückseigentümer in diesem Fall die Abrisskosten zahlen, wenn er den Abriss will. Kündigt allerdings der Nutzer ab dem 4.10.2015 oder hat er Anlass zur Kündigung wegen Fehlverhalten gegeben, muss er die Hälfte der Abrisskosten tragen (§ 15 Abs. 1 Ziff. 1 SchuldRAnpG).

    Wenn der Pächter selber kündigt, muss er bzgl. des Wochenendhauses nicht entschädigt werden. Allerdings muss er bzgl. der Bodenwerterhöhung, die er durch seine zu DDR-Zeiten gebaute Datsche für den Grundstückseigentümer erzielt hat, entschädigt werden (Beispiel: 1955 wurde auf Ackerland im Außenbereich eine Datsche gebaut, heute ist dieses Grundstück durch den Bestandsschutz des Wochenendhauses wertvoller). Diese Bodenwerterhöhung kann in besonders guten Lagen (wie z.B. auf Hiddensee) um ein Vielfaches höher sein als der Hauswert. Wegen dieser Schieflage (Kündigung durch Eigentümer: geringere Entschädigung als bei Kündigung durch Nutzer, wenn wertvolle Grundstückslage) gibt es sich widersprechende höchstrichterliche Urteile (Bundesgerichtshof einerseits, Berliner Verfassungsgerichtshof andererseits).
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  3. Erst ab 4.10.2022 (Ablauf der „Investitionsschutzfrist“) muss der Grundstückseigentümer keine Haus-Entschädigung mehr zahlen, egal, wer gekündigt hat. Das Baulichkeiten-Eigentum fällt dann an den Grundstückseigentümer (§ 11 SchuldRAnpG, diese Rechtsfolge wird von ostdeutschen Nutzerverbänden auch als ungerechte „Enteignung“ kritisiert). Ist der Verkehrswert des Grundstückes allerdings durch die Bebauung erhöht (so wie oben unter 2. dargelegt), muss der Grundstückseigentümer dem Nutzer diese Bodenwerterhöhung ersetzen (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG).
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  4. Bei Abriss des Wochenendhauses (den der Grundstückseigentümer verlangen kann) muss der Nutzer ab 31.12.2022 nun alle Abrisskosten tragen (§ 15 Abs. 3 SchuldRAnpG), wenn der Abriss innerhalb eines Jahres stattfindet. (Übrigens ist es speziell bei den Abrisskosten für Garagen rechtlich strittig, ob der Nutzer alle oder nur 50 % der Abrisskosten zu tragen hat, wenn der Grundeigentümer gekündigt hat.)
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  5. Wenn aber der Grundstückseigentümer ab 4.10.2022 nicht kündigt, dann behält der Nutzer sein Baulichkeiten-Eigentum und kann es weiter nutzen (es gibt also keinen Automatismus). So verhält es sich bereits jetzt bei einigen großen Garagenkomplexen, die stadtplanerisch nicht stören und daher weiter genutzt werden können (obwohl ja bei Garagen die Investitionsschutzfrist theoretisch schon zum 31.12.2006 ablief).
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  6. Vollen Kündigungsschutz über den 3.10.2015 hinaus hat nur derjenige, der vor dem 4.10.1930 geboren wurde. Zudem gibt es eine Kündigungsschutz-Härtefallregelung, wenn im Wochenendhaus schon vor dem 20.7.1993 Dauerwohnnutzung stattfand.
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  7. Tipp 1: Will ein Nutzer, z.B., weil er fortgeschrittenen Alters ist, die Datsche abgeben, so ist folgendes zu empfehlen: Nicht einfach kündigen, sondern einen Nachfolger suchen, der den Wert des Hauses bezahlen will. Dann mit dem Grundeigentümer in Kontakt treten und ihn bitten, sein schriftliches Einverständnis für die Nutzungs-Übertragung des Grundstücks zu geben (sog. dreiseitiger Vertrag ohne notarielle Form). Geht man so nicht vor, könnte der Schutz des SchuldRAnpG verloren gehen (z.B. keine Baulichkeiten-Entschädigung). Der Verkäufer“ und der neue „Erwerber“ können dann aber vom Vertrag ggf. zurücktreten und der „Kaufpreis“ muss zurückgezahlt werden.
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  8. Tipp 2: Will der jetzige Nutzer noch länger nutzen und über den Okt. 2015 hinaus Sicherheit haben, so ist zu empfehlen, ebenfalls mit dem Grundstückseigentümer in Kontakt zu treten und um einen Erbbauvertrag (oder sogar Kauf des Grundstückes) zu bitten. Ein  Erbbauvertrag mit z.B. 40 oder 50 Jahren Laufzeit ist für Fälle, in denen der Grundstückseigentümer das Grundstück behalten will, eine sehr gute Lösung: Üblicherweise sind 5 oder 6 % Erbbauzins auf den Bodenwert pro Jahr zu bezahlen.  Und das Gebäude ist als Gebäudeeigentum im Grundbuch gesichert.

Es gibt im Nutzungsrecht für Datschen viele weitere Probleme: Z.B., wenn ein Zwischenpächter eingeschaltet ist oder wenn der Vertrag mal unterbrochen war oder über die Möglichkeiten des sich-zur-Wehr-Setzens gegen eine Kündigung, über Fristfragen, über Details bei den Entschädigungs- und Abrisskostenfragen, über einmalige Straßenausbaubeitrags-Lasten, über die Höhe des Nutzungsentgeltes (sog. „Ortsüblichkeit“), über das Grundstücksvorkaufsrecht des Nutzers oder über die Abgrenzung zu den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes. Hierfür lohnt es sich, qualifizierten Rechtsrat einzuholen.

Rechtsanwalt Dr. Arnold  v. Bosse
in der Anwaltskanzlei Westphal

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